Kommunikation nach TCM
Wieviel Kommunikation ist nötig, um bestmöglich als Patient behandelt zu werden?

Sind die Antworten auf die Frage „Was haben Sie denn…“ , dazu Laborwerte, MRT, CT vielleicht schon ausreichend? Wie schnell sollte ein Arztgespräch beendet sein?
Das sind Fragen, die über die richtige Therapie entscheiden.
Eines ist sicher, unendlich viel Zeit steht keinem Arzt zur Verfügung. Darum ist eine gezielte Gesprächsführung in der Tat notwendig, die gelernt sein muss und die immer anders ausfällt, keine genaue Struktur hat.
Was ist für das Arztgespräch von Ihrer Seite nützlich?
Sie können Ihrem Arzt helfen, indem Sie vorher das Wesentliche im Gedanken zusammentragen, was Sie sagen wollen. Sie helfen Ihrem Arzt oder Ärztin auch damit, ihm, ihr im Gespräch Zeit zu geben, über das Beklagte nachzudenken, um Nachfragen stellen zu können.
Aber was ist schädlich für ein optimales Gespräch?
Störend ist immer eine Überbewertung der eigenen Befindlichkeit. Das betrifft sowohl die fragende, als auch die antwortende Seite.
Mit anderen Worten: Wer sich selbst so wie seinen Gesprächspartner achtet, fördert das gesunde Gespräch, das auch mit Pausen und Zuhören gestaltet werden muss.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt, ob Sie sich als Patient nicht besonders wichtig nehmen dürften? Ja, dürfen Sie, aber genau so viel, wie den Gesprächspartner auch. Nur so kann jeder seinen Beitrag für die optimale Kommunikation leisten, und die gegenseitige Achtung gefestigt werden. Diese ist der Schlüssel zum Vertrauen und zur Tür zur besten Therapie, die Sie als Patient von Ihrer Ärztin des Vertrauens erhalten können.
Und wie gelangt man dahin und was ist das überhaupt: Gegenseitige Achtung?
Hinter diesen zwei Wörtern steht eine lange Geschichte, die in der heutigen Zeit der Leistungsabrechnungen in der Medizin und in der gesamten Gesellschaft sich fast wie ein „Märchen aus Tausendundeine Nacht“ anhört, in der Schahrasad um ihr Leben viele Geschichten ihrem Gemahl dem König Schahriyar erzählt. Ihre Geschichte beginnt mit:
„Das Schicksal besteht aus zwei Tagen: einer ist Sicherheit, einer Gefahr.
Und unser Leben hat zwei Hälften: eine ist trübe, und eine ist klar.“
In einer aufgeklärten Gesellschaft möchte alles in der Welt erklärbar sein, doch ist es leider nicht. Solange es Leben gibt, bleibt Unsicherheit und Trübsal bestehen. Eine Beziehung aufzubauen ist eine komplizierte und unklare Sache. Da bildet die Beziehung zu ihrem Arzt keine Ausnahme. Es gibt dafür keine Bedienungsanleitung.
Aber es gibt Grundsätze und Erklärungsformeln. Davon möchte ich Ihnen heute eine vorstellen, die aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) daherkommt.
Im Grundsatz werden alle Beziehungen, nach TCM, von drei Pfeilern getragen. Sie heißen Qi, Shen und Jing. Es sind die drei Energien, die unser Leben ausmachen.
Davon haben Sie vielleicht schon gehört, nicht zuletzt auch in meinem letzten Blog über Yin und Yang.
Heute möchte ich jedoch das Denken und Fühlen in den Mittelpunkt stellen! Es gibt in der Tat auch eine Yin- und eine Yang- Denkart, und eine Qi- und eine Shen- Denkart.
Qi ist eine Kraft, die verbindet, Shen ist eine Kraft, die trennt. Das ist keine Wertung, sondern eine Feststellung. Qi umschließt das Leben als Gesamtheit und Shen sichert das Persönliche in uns und in jedem Lebewesen ab, shen kümmert sich um das Detail. Auch hier gibt es nichts Falsches oder Richtiges zu entdecken. Es ist einfach so. Nichts ist wichtiger als das Leben, es wird vom Qi geboren und muss vom Shen beschützt werden. Dies ist auch eine Tatsache nach TCM-Auffassung.
Da die Kraft Qi uns Menschen mit dem Leben verbindet, tut sie das zwangsläufig auch mit unseren Ärzten, bzw. deren Qi verbindet sich mit Ihren Patienten. Wenn der Eigenschutz gar zu stark wird, ist zu viel Shen-Denken im Spiel, was ebenfalls nur eine Tatsache ist, hier ist auch nichts Schlechtes zu finden.
Weil nun jedoch Shen trennt (anatomiert) und untersucht (examiniert) kommt es kurzfristig zur Trennung des Einzelnen von der Gesamtheit. Genau hier stoßen wir wieder auf die Überbewertung des Egos.
Shen kann nicht nur beschützen, erkennen und aufbauen, sondern auch ur-teilen, trennen, auseinandernehmen, eingrenzen, vereinnahmen, befangen sein.
Ob es nun ihr Arzt ist, der die Gesamtheit verliert, oder Sie als Patient, kommt auf dasselbe hinaus: Es wird keine gute Kommunikation geben, so lange das Gleichgewicht zwischen Qi und Shen gestört ist.
Jede Störung des Gleichgewichts schmerzt, ist aber absolut natürlich.
Achten wir auf jedes Leben im Kreislauf von Geben und Nehmen, Geburt und Tod, begeben wir uns auf den Weg des Gleichgewichts und der Liebe, wenden uns gegen Unverständnis, Gleichgültigkeit, Be- und Abwertung, Kampf, Hass, sogar gegen Gewalt und Krieg.
Qi kann versöhnen, annehmen, gewähren lassen, achten oder lieben.
Ein Patient, der seinen Arzt als Partner achtet, erzeugt automatisch gegenseitige Achtung. Ein Arzt, der seine Patienten achtet, bewirkt das gleiche.
Die Kommunikation kann im Gleichgewicht von Gesamtheit und Besonderheit verlaufen, die nicht nur eine kühle Diagnose offenbart, sondern neue Tore öffnet, hinter denen neue Wege der Gesundung zu finden sind. Vielleicht zeigt sich dort auch eine nichtmedikamentöse Therapie, die im Einklang mit Ihrer Natur Sie zufrieden stellen kann.
Die TCM – Lehre zeigt, dass ein wenig Änderung in der Kommunikationsart das Miteinander der Menschen verbessern kann, auch die ganze Welt verändern, vielleicht sogar Kriege stoppen kann, und wenn es auch nur der kleine innere Krieg in Ihrer Brust oder der Zwist mit Ihrem Arzt oder Ärztin ist. Wenn Sie streng mit sich und ihrem Arzt bleiben und eine Kommunikation auf Augenhöhe fordern, verbessern Sie automatisch unsere Kultur der Begegnungen miteinander.
Viel Erfolg damit! Ihr Dr. med. Bernd Steinig
